1. Dezember 2012 bis 14. April 2013
Überblick
Führungen für Einzelpersonen und Gruppen >>>
Wissenschaftliche Vortragsreihe für Einsteiger und Fortgeschrittene >>>
Die Ausstellung will deutschbaltische Geschichte und deren unlösbaren Zusammenhang mit der estnischen und lettischen Nationalgeschichte vor Augen führen.
Über 200 Exponate aus Deutschland und dem Baltikum spannen den Bogen von der Leibeigenschaft über die Befreiung der Bauern, von der beginnenden Industrialisierung zu den Russischen Revolutionen 1905 und 1917 und der Unabhängigkeit Estlands und Lettlands vom untergegangenen Zarenreich, von der Enteignung der Güter bis zur Umsiedlung der Deutschbalten.
Die Objekte erzählen von der Lebensart und dem komplexen Beziehungsgeflecht der Menschen auf den Gütern: Gutsherrn, Landarbeiter, Handwerker, Hauslehrer, Pastoren...Gemälde, Architekturmodelle, Möbel, Hausinventar, Fotos und Kleidung beleuchten das faszinierende Miteinander über die Jahrhunderte bis hin zum gegenwärtigen Umgang mit diesem Kulturerbe im Baltikum.
Möglich wurde dies durch die länderübergreifende Zusammenarbeit mit Museen und Archiven in Estland, Lettland und Deutschland sowie durch Leihgaben aus dem Bestand der Deutschbaltischen Kulturstiftung und aus Familienbesitz; zudem einer engen Kooperation mit dem Herder-Institut Marburg und seinen Sammlungen.
Architektonisch versteht man unter dem Herrenhaus im Baltikum sehr Unterschiedliches: von kleineren Holzbauten bis zu schlossähnlichen Palästen mit ausgedehnten Parkanlagen. Die Herrenhäuser waren Mittelpunkt des landwirtschaftlichen Gutsbetriebes mit Feldern, Wirtschaftsgebäuden und Gesindehäusern. Der erwirtschaftete Reichtum war zu großen Teilen der Gutsherrschaft geschuldet.
Im Unterschied zu deutschen Regionen ging im Baltikum die soziale Schichtung zwischen Gutsherr und Landarbeiter mit einer ethnischen einher - die Gutsherren waren Deutschbalten, sprachen deutsch und orientierten sich kulturell wesentlich am westlichen Europa; die bäuerliche Schicht bestand hingegen aus Esten und Letten.
"Glanz und Elend. Mythos und Wirklichkeit der Herrenhäuser im Baltikum"
Führungen für Erwachsene
Anmeldung erforderlich unter Tel.:
(04131) 759950 oder info@ol-lg.de
Dauer: ca. 60 Minuten, Preis: 40,- Euro pro Gruppe zzgl. Eintritt
Samstag, 1. Dezember 2012
Sonntag, 3. Februar 2013
Sonntag, 3. März 2013
Montag, 1. April 2013 (Ostermontag)
Jeweils 15.00 Uhr
Preis: 2,- Euro zzgl. Eintritt
Prof. Dr. Ulrike Plath (Universität Tallinn)
Für den modernen Menschen sind saisonunabhängig Lebensmittel aus der ganzen Welt im benachbarten Supermarkt jederzeit und auch für jedermann bezahlbar zugänglich. Wie aber sah es einst auf den Gütern im Baltikum aus, fern der Stadt, in einer Zeit vor moderner Infrastruktur, von Kühlketten und weltumspannender Handelsbeziehungen? Die historische Nahrungskultur der Deutschen im Baltikum und ihre Bedeutung für die Kultur- und Umweltgeschichte des baltischen Raums sind bisher nur unzureichend erforscht. Ausgehend von drei ganz unterschiedlichen Nahrungsmitteln, Soja, Brei und Ananas, beleuchtet der Vortrag einige zeittypische Entwicklungen in der Nahrungskultur auf deutschbaltischen Gutshöfen und hinterfragt sie bezüglich ihrer sozialen, ökonomischen und umwelthistorischen Bedeutung.
Prof. Dr. Werner H. Preuss (Leuphana Universität Lüneburg)
Die von Zar Peter I. um 1700 begonnene Neugestaltung Russlands eröffnete visionären und tatkräftigen Reformern einzigartige Entfaltungsmöglichkeiten. Zu dieser Avantgarde zählte Heinrich Claus von Fick (1678-1750), dem der Zar das Kirchspiel Oberpahlen (Põltsamaa) schenkte. Seine Schwiegersöhne Woldemar Johann von Lauw (1712-1786) und Jakob Heinrich von Lilienfeld (1716-1785) wirkten in seinem Sinne fort: Der eine verwandelt den Flecken in eine ökonomische Musterkolonie und wird zum bedeutendsten Industriellen Livlands. Der andere verfasst den detailliertesten deutschsprachigen Entwurf eines friedlichen, freien und vereinten Europas im 18. Jahrhundert und kritisiert auf das Schärfste den Erbadel seiner Zeit. Diese und weitere Aufklärer des Oberpahlener Kreises werden vorgestellt.
Dr. Anja Wilhelmi (IKGN Lüneburg)
In zahlreichen Kindheitserinnerungen stellen Spiele und Spielerfahrungen einen wichtigen Bestandteil positiver Reflexionen dar. Welchen Erinnerungswert Spielerlebnisse in Überlieferungen von Mitgliedern des deutschbaltischen Adels einnehmen, welche Erfahrungen tradiert werden, sind die zentralen Fragen, denen die Referentin nachgeht.
Spielen kann Assoziationen von Freiheit und Ungezwungenheit aufwerfen. Im Kontext des deutschbaltischen Herrenhauses war Spielen aber auch und insbesondere ein Bestandteil von Erziehung und Disziplinierung.
In dem ständisch geprägten Milieu des 19. Jahrhunderts war dem Adel die Abgrenzung zu anderen Bevölkerungsteilen zur Sicherung der eigenen Position ein wesentliches Anliegen. In die Erziehungspraktiken floss dieses Denken mit ein. Spielen auf dem Herrenhaus wurde als ein Sich-Fügen in Gebote oder als ein Überschreiten von Verboten erlebt. Dabei stellt das Spielen mit estnischen oder lettischen Nachbarkindern einen zentralen Konfliktpunkt dar. Das Bedürfnis, mit Kindern aus der unmittelbaren Umgebung zu spielen, stand dem elterlichen Verbot entgegen, Kontakt zu Kindern von Gutsangestellten zu halten.
Dr. Imants Lancmanis (Schlossmuseum Rundāle/Lettland)
Im 20. Jahrhundert hat Lettland etwa die Hälfte des Kulturerbes verloren. Die Revolution 1905, die beiden Weltkriege, die Güterenteignung 1920 und die Sowjetzeit führten zur direkten Zerstörung oder Verwahrlosung von Hunderten von Herrenhäusern. Auch nach der Wende 1991 konnten für die Gutshäuser nur schwer eine adäquate Nutzung gefunden werden. Einige dienen als Museum, andere haben eine Verwendung als Hotel gefunden oder wurden privat restauriert.
Heute gilt auf dem Lande die Schule noch immer als die beste Nutzung. Viele Gebäude sind mit Hilfe der EU gut saniert worden, allerdings schließen aktuell viele kleine Landschulen. Dies kann die Gebäude ebenso gefährden wie in anderen Fällen, die als Kapitalanlage gekauft wurden, aber nun leer stehen. Über zahlreiche Bilder werden die heutige Situation sowie denkmalpflegerische Aspekte der baltischen Herrenhäuser vorgestellt.
Dr. Eike Eckert (Kurator der Ausstellung, Lüneburg)
Am 6. Oktober 1939 deutete Adolf Hitler in einer Rundfunkansprache erstmals öffentlich die Rückführung der deutschen Minderheiten aus dem östlichen Europa ins Deutsche Reich an. Knapp 65.000 Deutschbalten aus Estland und Lettland verließen daraufhin ihre Heimat. Sie wurden bis Ende Dezember 1939 überwiegend in die nach der deutschen Okkupation Polens neugegründeten Reichsgaue "Wartheland" und "Danzig-Westpreußen" umgesiedelt.
Was waren die Beweggründe für die Deutschbalten, ihre Heimat zu verlassen? Welche Rolle spielte die NS-Lebensraumpolitik für die Umsiedlungen? Wie erlebten sie selbst die Kriegsjahre bis zur Flucht 1945? Der Vortrag will sowohl die Hintergründe der Umsiedlung ausleuchten als auch den Vorgang selbst und die Lebensverhältnisse vor Ort schildern.
Prof. Dr. Michael Garleff, Vorsitzender der Carl-Schirren-Gesellschaft)
In ihren Wechselbeziehungen mit Esten, Letten und Russen übten Deutschbalten Jahrhunderte lang in unterschiedlichen Bereichen eine Brückenfunktion aus. So wirkte der Naturwissenschaftler Karl Ernst von Baer (1792‒1876) als Mitglied zahlreicher europäischer Akademien vor allem in St. Petersburg und Dorpat mit wegweisenden geografischen und biologischen Forschungen.
Der Publizist Paul Schiemann (1876‒1944) wiederum setzte sich als bekanntester deutschbaltischer Politiker der Zwischenkriegszeit gegen vielfache Widerstände für einen Ausgleich mit den baltischen Völkern ein. Als Schriftsteller schließlich schilderte Siegfried von Vegesack (1888‒1974) die Umbrüche deutschbaltischen Lebens mit größtem Verständnis für die Gemeinsamkeiten der im Baltikum miteinander oder gegeneinander lebenden Völker. Vor den jeweiligen historischen Hintergründen werden diese markanten Beispiele aus Wissenschaft, Politik und Literatur auch in ihrer aktuellen Bedeutung analysiert.
Dr. Ilse von zu Mühlen (Kuratorin der Ausstellung, München)
Aus den Erinnerungen von Bewohnern und Besuchern der Herrenhäuser im Baltikum soll im Vortrag ein Bild der unterschiedlichsten Aspekte des Lebens im Haus und auf dem Gut gezeichnet werden. Bereits die Entstehung manchen Hauses verlangte vielen Menschen das Äußerste ab. Pracht und Elend kennzeichneten das Leben auf den Gutshöfen über die Zeiten, Vergnügen und Leid lagen dicht beieinander. Es werden die goldenen Erinnerungen ebenso wie kritische Beobachtungen und leidvolle Überlieferungen zu Wort kommen – eingebettet in den jeweiligen historischen Rahmen. Reiches Bildmaterial soll unterstützend die vergangene Welt wieder vor Augen erstehen lassen.
Dienstag, 4.12.2012, 14.30 Uhr
Sonderführung durch die Ausstellung durch den Kurator Dr. Eike Eckert im Rahmen der Reihe "Museum erleben" mit anschließender Gesprächsrunde bei Tee, Kaffee und Gebäck. Eintritt 5,- Euro
Dienstag, 5.2.2013 14.30 Uhr
"Urlaub im Herrenhaus. Estland und seine Gutshäuser als touristische Ziele heute" - Dia-Präsentation des Estnischen Fremden- verkehrsamtes durch Frau Ulla Sperling, Leiterin Deutschland in der Reihe "Museum erleben" mit anschließender Gesprächsrunde bei Kaffee, Tee und Gebäck. Eintritt 5,00 Euro
Donnerstag, 7.3.2013, 20.00 Uhr im Brömsehaus, Am Berge 35, Eintritt: 8,00 Euro
"Konzert auf baltischen Schlössern und Herrenhäusern"
Malinconia-Ensemble Stuttgart mit Helmut Scheunchen (Violoncello und Leitung), Chieko Schmid-Mitsuhashi (Sopran), Roland Heuer (Violine), Günter Schmidt (Klavier).
Lieder und Kammermusik von Gustav von Mengden, Grotthuß, Johann Fischer, Johann Friedrich de La Trobe, August Heinrich von Weyrauch, Boris von Vietinghoff-Scheel, Carl von Radecki, Guido von Samson Himmelstjerna, Richard von Wistinghausen u.a.m.
Eine Veranstaltung des Kulturreferates
Samstag, 16.3. und Sonntag, 17.3.2013, 10.00 bis 18.00 Uhr
Offene Scherenschnitt-Werkstatt mit Gerhard Stock
Österliche Postkarten, Fensterbilder und viele andere Motive zum Selbermachen und Weiterverschenken warten auf alle großen und kleinen Bastelfreunde. Einfach vorbeikommen, mitmachen, mitnehmen.
Für Museumsbesucher Eintritt frei.
Sonntag, 14.4.2013
Finissage mit abschließender Führung und abwechslungsreichen Rahmenprogramm
19. bis 22. März 2013, 13.30 bis 16.30 Uhr
Adel verpflichtet
Ein spannendes Spiel für unsere jüngeren Besucher
In Anlehnung an das bekannte Gesellschaftsspiel "Adel verpflichtet!" wollen wir in den Osterferien ein spannendes und lustiges Spiel entwickeln.
Dabei schlüpfen die Kinder in die Rolle von Adligen und üben sich in einem Wettstreit um die wertvollste Sammlung von Museumsstücken. Hierzu treten sie trickreich gegeneinander an und engagieren sogar bezahlte Kunstdiebe und zur Abwehr derselben Privatdetektive.
Für Schulkinder von 6 bis 11 Jahren, Kosten 25 Euro pro Kind
Anmeldung erforderlich unter: Tel. 04131-7599520 oder info@ol-lg.de