Eintritt: frei
In zahlreichen Kindheitserinnerungen stellen Spiele und Spielerfahrungen einen wichtigen Bestandteil positiver Reflexionen dar. Welchen Erinnerungswert Spielerlebnisse in Überlieferungen von Mitgliedern des deutschbaltischen Adels einnehmen, welche Erfahrungen tradiert werden, sind die zentralen Fragen, denen die Referentin nachgeht.
Spielen kann Assoziationen von Freiheit und Ungezwungenheit aufwerfen. Im Kontext des deutschbaltischen Herrenhauses war Spielen aber auch und insbesondere ein Bestandteil von Erziehung und Disziplinierung.
In dem ständisch geprägten Milieu des 19. Jahrhunderts war dem Adel die Abgrenzung zu anderen Bevölkerungsteilen zur Sicherung der eigenen Position ein wesentliches Anliegen. In die Erziehungspraktiken floss dieses Denken mit ein. Spielen auf dem Herrenhaus wurde als ein Sich-Fügen in Gebote oder als ein Überschreiten von Verboten erlebt. Dabei stellt das Spielen mit estnischen oder lettischen Nachbarkindern einen zentralen Konfliktpunkt dar. Das Bedürfnis, mit Kindern aus der unmittelbaren Umgebung zu spielen, stand dem elterlichen Verbot entgegen, Kontakt zu Kindern von Gutsangestellten zu halten.
Dr. Anja Wilhelmi, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in Nordosteuropa e.V. (IKGN) an der Universität Hamburg.