Erstaunlich und noch immer irritierend ist die lebenslange Liebesbeziehung zwischen diesen beiden philosophisch denkenden Menschen, die von einem "eros philosophos" gepackt worden sind, der nicht nur rein geistig war, sondern auch voller Sinnlichkeit und Begehren. Wie war diese Liebe möglich zwischen Hannah Arendt - Jüdin, Antifaschistin, radikale Kritikerin totalitärer Herrschaft und Weltbürgerin mit einer unbestechlichen politischen Urteilskraft im Geist der Aufklärung - und Martin Heidegger: zum Antisemitismus neigend, begeisterter Nationalsozialist und provinzieller Kleinbürger mit einem schwärmerischen deutschnationalen Größenwahn?
Die Geschichte dieser denkwürdigen Liebe begann im Wintersemester 1924/25 in Marburg/Lahn, als die achtzehnjährige Studentin eine Platon-Vorlesung des fünfunddreißigjährigen Philosophieprofessors besuchte, der verheiratet und Vater zweier Söhne war. Im Hörsaal soll ihm zum ersten Mal ihr Blick "zugeblitzt" und ihn verzaubert haben. Als sie ihn dann in seinem Sprechzimmer besuchte, soll ihn jenes "Dämonische" getroffen haben, das den Eros als überwältigende Liebesmacht charakterisiert. Fünfzig Jahre lang wirkte es weiter, bis schließlich der Tod ein Ende bereitete. Auch wenn sich die beiden bereits Anfang 1926 räumlich trennten, um ihre heimliche Liebe unentdeckt zu lassen, so blieb auf Hannah Arendts Denk- und Lebensweg Heidegger immer gegenwärtig, wobei ihr zunehmend klar wurde, dass das Besondere des Begehrten darin besteht, "dass es nicht gehabt wird". Und nur so hat Hannah Arendt für den Achtzigjährigen 1969 ihre große Rundfunk-Geburtstagsrede halten können, in der sie Heidegger trotz all seiner politischen Irrungen noch immer als eine philosophische Lichtgestalt "in finsteren Zeiten" charakterisierte und bewunderte.
Dr. Manfred Geier war bis 1998 Professor für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Hannover. Seitdem freiberuflicher wissenschaftlicher Publizist mit Schwerpunkt Philosophie. Autor zahlreicher Bücher, u. a. "Kants Welt. Eine Biographie" (2003) und der Rowohlt-Monographie "Martin Heidegger" (2005). Zuletzt erschien seine Doppelbiographie "Wittgenstein und Heidegger. Die letzten Philosophen" (Rowohlt Verlag 2017). Zurzeit arbeitet er an dem Buchprojekt "Das Liebesleben der Philosophen".
Dr. Uwe Naumann war langjähriger Programmleiter für das Sachbuch des Rowohlt Verlags. Herausgeber der Reihe "rowohlts monographien". Als Autor beschäftigte er sich besonders mit der Familie Mann. Er lebt seit drei Jahren in Lüneburg.
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